Unser Gemeindeleben während der Corona-Krise

20. Juli 2021 von Jörg Gintrowski

Ein persönlicher Rückblick auf das Gemeindeleben in der Zeit der Corona-Krise (von Anfang 2020 bis heute) – Vortrag auf der Jahresversammlung 2021 des Fördervereins von Pfr. Jörg Gintrowski.

Der Apostel Paulus schreibt: "Macht meine Freude vollkommen, dadurch, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt und einträchtig seid!" (Philipperbrief 2,2)

Luftreiniger Trotec Gerhard JahreisIn diesem Sinn sage ich Danke an Gott und an alle in der Gemeinde, die mitgeholfen haben, diese schwierige Zeit der Corona-Krise zu bewältigen! Wir haben es geschafft, dass wir gegenseitige Abwertungen und Verurteilungen vermieden haben. Besonders gut gefiel mir die Ausdrucksweise von Birgit Green, die von "Vorsichtigen" und "Mutigen" gesprochen hat, so dass weder die einen noch die anderen schlechtgemacht wurden –  auch da, wo man unterschiedliche Auffassungen zu den Corona-Maßnahmen hatte. Wir haben gerade auf der Gemeindeleitungs-Klausur den Satz formuliert: "Wir sind Familie Gottes, die Spannungen in Liebe aushält." Das werden wir auch in Zukunft bewähren müssen.

Gott sei Dank sind mir unter den Gemeindegliedern auch keine schweren Fälle bekannt geworden. Die einzige Ausnahme war die Erkrankung von Horst Fröhlich: Nach seiner Genesung ist er am Ende des Gottesdienstes aufgestanden und hat sich bei allen für ihre Gebete bedankt.

Was die Auswirkungen der Krise auf die Gemeinde angeht, sehe ich drei Muster: 1. Konstanten 2. Einbrüche 3. Aufbrüche.

Konstanten

Max predigtDie Hauskreise haben untereinander so gut es ging den Kontakt gehalten. Manche fanden im Freien statt, viele per Zoom. Bis auf wenige Sonntage um Ostern 2020 haben wir die ganze Zeit Gottesdienste aufrecht erhalten und sogar noch ausgeweitet, um sie sicherer zu machen und genügend Platz für alle zu haben (Morgengottesdienst um 10 und 11 statt vorher nur um 10 Uhr). Auch die beiden Gebetskreise haben durchgehend stattgefunden. Über Briefe, Telefonate, Sonder-Briefaktion für Senioren etc. haben wir Kontakte aufrecht erhalten – wenngleich das alles kein vollständiger Ersatz für die persönliche Begegnung sein konnte. Bei den Finanzen haben wir keinen signifikanten Rückgang erlebt und die Kollekten-Ausfälle wurden weitgehend durch Spenden ausgeglichen.

Einbrüche

Die Krise hat uns als Gemeinde eindeutig auch geschadet. In den Gottesdiensten sind besonders die gelegentlichen Besucher weg geblieben, die sonst immer zahlreich kamen. Man konnte fast nur bekannte Gesichter erblicken. Ebenso fehlten die Gemeinschafts-Elemente, die uns besonders wichtig sind, weil wir uns auf die Fahne geschrieben haben, als Schwestern und Brüdern zu leben. Ein weiterer negativer Einfluss ist die Konkurrenz durch christliche Online-Angebote, die z.T. so attraktiv sind, dass einige Gemeindeglieder sie der echten Gemeinschaft vorziehen.

Uns fiel in der Gemeindeleitung auf, dass einige Leute abgetaucht waren. Mit einigen anderen haben wir Pfarrer versucht, ihnen einzeln nachzugehen. Teilweise war das vergeblich. Aus welchen Gründen auch immer haben einige Wenige in der Zeit der Krise den Kontakt zur Gemeinde verloren und konnten bisher nicht wieder zurückgewonnen werden. Bei manchen "Abgetauchten" haben wir aber Hoffnung, dass sie wieder "nach Hause finden".

Aufbrüche

Am erstaunlichsten war der Effekt, dass über Nacht ein Produktionsteam um Christian Kauhaus und die Büttner-Brüder entstanden ist, das die Online-Übertragung der Gottesdienste ermöglicht hat. Zeitweise haben wir auf diesem Weg sogar mehr Menschen erreicht als zu Zeiten der Präsenzgottesdienste vor Corona.

Klara VicentAuch die SfC-Gruppe hat einen Aufbruch unter den Studenten erlebt. Sie waren dankbar für alle Gemeinschaft, die in diesem Rahmen noch möglich war. Für manche war das psychisch überlebenswichtig, wie mir einzelne gesagt haben!

Das Kigo-Zelt im Garten war eine tolle Sache, die nachhaltig in Erinnerung bleiben wird.

KiGo Jurte

Trueperwiese

Die drei Open-Air-Gottesdienste auf der Trüperwiese waren ein großes Erlebnis – auch für die vielen Leute, die sonst nicht ins Lutherhaus kommen, hier aber dabei waren. Zudem sind dort viele Geschwister aufgetaucht, die aus Vorsicht lange nicht gekommen waren. Wir erleben, dass diese Groß-Ereignisse Mitarbeiter mobilisieren, die sonst nicht aktiv waren. Wenn wir 1-3 solcher Ereignisse im Jahr haben, ist das eine wohltuende Herausforderung; mehr Groß-Aktionen würden uns aber überfordern.

Weil die persönlichen Begegnungen so eingeschränkt waren, wurden die medialen Wege wichtiger: das Kirchenblatt, die Rundmails, die Homepage unserer Gemeinde. 

Unsere Infrastruktur wurde an verschiedenen Stellen deutlich verbessert: unser Gemeindekalender mit Mitarbeiterliste und Raum-Belegungsplan wurde mit Christians Hilfe auf ChurchTools umgestellt.

Jugendraum renoviert 2Baulich hat der neue Garten Gestalt angenommen, Sitzungszimmer und Jugendraum wurden renoviert, der Probenraum ist fertig und kann genutzt werden, sobald wieder ohne Mindestabstand geprobt werden kann.

In der Schillerkirche sind die Schwestern der Gebetsbruderschaft einzelnen Menschen persönlich nachgegangen und haben Kontakte gehalten. Die Predigten wurden gedruckt und vielfach verteilt, die Schillerkirchen-Homepage wurde ein wichtiges Medium.

Besondere Highlights des vergangenen Jahres:

  • Unser Jahresthema "In einem Jahr durch die Bibel" wurde mit guten Seminaren gestaltet (Jutta Jahreis und Prof. Trowitzsch).
  • Unser Glaubenskurs war schwierig abzuhalten, hat aber eine Reihe Menschen geprägt, die neu zum Glauben kamen.
  • Die Konfirmanden hatten ihren Unterricht unter sehr erschwerten Bedingungen, aber trotzdem war viel Engagement unter ihnen zu beobachten – besonders in einem grandiosen Vorstellungsgottesdienst.
  • Am Heiligabend war der Stadion-Gottesdienst ein unvergessliches Erlebnis, das wir ohne Corona sicher nie gemacht hätten.

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In diesem Jahr:

  • konnten wir sogar unsere Gemeindefreizeit wieder erleben, wenngleich mit einer kleineren Gruppe, als üblich.
  • Zum neuen Jahresthema: "Glauben fassen – Orientierung finden" hatten wir nicht nur eine Predigtreihe, sondern auch ein Tagesseminar mit Conni Gebhardt, aus dem eine neue Kleingruppe entstanden ist.
  • Unsere Gemeindeleitung hat sich bei ihrer Klausur neu auf unsere Vision besonnen und wir haben entdeckt, wie viele gemeinsame Ideale wir im Herzen tragen.

Wenn ich zurückblicke, kann ich nur dankbar staunen, was trotz allem möglich war!

Zugegeben: Auch bei uns ist der Frust und die Erschöpfung zu spüren, die durch Corona weit verbreitet ist. Die Zeit hat uns auch viele Nerven und Beschwernisse gekostet: In hoher Frequenz kamen neue Verordnungen von EKM, von Georg Elsner (GKR-Vorsitz), Stadt Jena und Land Thüringen. Immer wieder mussten die Infektionsschutzkonzepte geändert werden. Wir mussten die Regelungen für die Gottesdienste und die Gemeindearbeit ständig anpassen.

Aber zugleich ist die Freude und die Kraft Gottes unter uns gegenwärtig – wie schön! Eine vorsichtige Aufbruchsstimmung macht sich breit.

So schauen wir nach vorn mit dem Wort aus Hebräerbrief 12,3: "Denkt an Christus, der so viel Widerspruch erduldet hat, so dass Ihr nicht müde werdet und den Mut nicht sinken lasst!"