Von Pfarrer Jörg Gintrowski
Eine moderne Gottesdienstform mit Band, Predigt und Bistro – seit 2002 gibt es diese Art von Gottesdiensten im Lutherhaus. Aber ist das etwas Neues? Eigentlich nicht. Schon in den urchristlichen Gemeinden war es so, dass jeder etwas zum Gottesdienst beitrug, der eine ein Gebet, der andere ein Bibelwort, wieder einer eine Auslegung oder prophetische Weissagung (1. Korintherbrief 14, 26). Gerade in dieser Vielfalt war der Geist des auferstandenen Jesus lebendig.
Viele Christen tun sich schwer mit der herkömmlichen Gestalt unserer Lutherischen Gottesdienste; sie finden keinen Raum, in dem sie persönlich vorkommen, sie erleben unverständliche Sprachformen und Handlungen. Darum wollen wir einen Gottesdienst feiern, in dem die Christen selber beten; in dem sie selber ihre Erfahrungen mit Gott mitteilen und selber mit der Bibel umgehen. Wir staunen immer wieder und sind begeistert, wie Gott uns dadurch beschenkt. Wie ein Kind, das das Laufen lernt, machen die Mitarbeiter auch Fehler, aber sie werden immer besser und lernen schließlich alleine zu laufen, zu glauben, zu bekennen und zu dienen.
Unsere Aufwind-Gottesdienste sind keine Missionsveranstaltung. Es geht eher darum, Christen zu einer ihnen entsprechenden und heutigem Lebensgefühl gemäßen Gestalt der Anbetung zu finden. Trotzdem: wenn ich mit Nichtchristen ins Gespräch komme, lade ich sie ein. Für viele ist der Aufwind schon zum Sprungbrett in die Gemeinde geworden. Ich hoffe und erwarte, dass die ehrliche und herzliche Atmosphäre ihnen Wege zum Glauben eröffnet. Wer dann eher seine Vorliebe zur klassischen Gestalt der Liturgie äußert, dem empfehlen wir die anderen Gottesdienste in Jena.
Wir verachten die alten Formen nicht. Der Geist Gottes kann sich genauso in ihnen ausdrücken wie in anderen. Wir meinen nicht, einen besseren Gottesdienst zu machen, nur einen, der eine Sprache spricht, in der manche das Evangelium besser verstehen können als in der traditionellen. Auch Menschen, die lange Christen sind, haben Probleme mit dem Musikstil des 16. Jahrhundersts und der dazugehörigen Kirchensprache. Wir versuchen auch die alten Formen wiederzugewinnen und zu beleben, wo sie erstarrt sind. Es war ja beispielsweise ursprünglich nicht so, dass der Liturg allein die Gebete formulierte. Die Gemeinde betete; viele einzelne Christen brachten in eigenen Worten ihre Not und Freude zu Gott. Diese Gebete hat der Liturg im Kollektengebet gesammelt und abgeschlossen. Warum sollte die Gemeinde heute nur vorgegebene Texte sprechen dürfen? Das wäre ja eine Erstarrung und Entmündigung, die wir wieder verflüssigen wollen. Wie die Reformation eine Rückkehr zum Ursprung war, wollen wir heute auch Gottesdienste feiern wie die ersten Christen – in der gleichen Freiheit, Liebe und Spontaneität.
Dank der vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter, die in einzelnen Teams organisiert sind (Moderatoren, Bistro, Segnungsdienst, Musik, …) gelingt es uns, diesen Gottesdienst jeden Sonntag um 19 Uhr zu feiern. Es ist keine Sonderveranstaltung, die auch mal wegfallen könnte; kein Event, wie man ihn anderswo erleben kann, sondern der ganz normale Gottesdienst für jeden Sonntag. In ihm sammelt sich eine feste Gemeinde, die im Aufwind ihr geistliches Zuhause findet.
"Band, Predigt, Bistro" steht auf unseren Plakaten. Band - steht für eine Musik, die der Kultur unserer Umwelt entspricht. Predigt – spiegelt unsere Überzeugung, dass der lebendige Gott durch die "lebendige Stimme des Evangeliums" mit uns redet. Dafür sollte man viel Zeit haben. Bistro – wir können hinterher miteinander reden über das, was wir gehört und gesehen haben.
Du bist herzlich eingeladen, am nächsten Sonntag dabei zu sein!