Predigtreihe: Die sieben Kardinaltugenden

20. August 2016 von Jörg Gintrowski

In den kommenden Wochen werden wir im Lutherhaus über die Grundhaltungen nachdenken, die das Leben eines Christen prägen sollten. Sie sind nicht zuerst eine Anstrengung, sondern ein Geschenk, das Gott uns machen will: Der Begriff "Tugend" löst bei manchen negative Bilder im Kopf aus. Früher hatte das Wort einen positiven Klang. Bei den Griechen und bei den Römern war Tugend etwas Großes und Edles. Es meint in seiner ursprünglichen Bedeutung Qualität und Tüchtigkeit. Tugenden sind Charakterzüge und Haltungen von hoher Qualität. Unter den vielfältigen Tugenden schälten sich allmählich vier als besonders wichtig heraus. Der Philosoph Platon war der erste, der diese Viererauswahl formuliert hat: Klugheit, Gerechtigkeit, Mut und Maßhaltung. Man nennt diese vier auch die Kardinaltugenden. TuerangelDer Begriff geht auf das lateinische cardo = Türangel zurück. Die vier Kardinaltugenden sind der Dreh- und Angelpunkt für alles weitere ethische Handeln. Es sind, so schreibt der Philosoph und Tugendforscher Josef Pieper, die "Angeln, in denen das Tor zum Leben schwingt."

Die ersten Christen haben diese Tugenden positiv aufgegriffen. Das Wort "Tugend" taucht zwar im Neuen Testament nur sehr selten auf. Doch die Inhalte spielen eine wichtige Rolle. Christen werden in der Bibel aufgefordert, weise zu handeln, Gerechtigkeit zu praktizieren, tapfer zu sein und maßvoll. Diese Tugenden werden allerdings, wie wir noch sehen werden, von Gottes Offenbarung in Christus her entscheidend vertieft und erweitert.

Der große Theologe und Philosoph der Mittelalters Thomas von Aquin hat die christliche Tugendlehre in ein beeindruckendes System gebracht. Zu den vier natürlichen Kardinaltugenden, zu denen jeder Mensch von Natur aus fähig ist, gesellen sich bei ihm drei über-natürliche oder göttliche Tugenden. Das sind Glaube, Hoffnung und Liebe. Diesen Dreiklang hat Thomas dem Neuen Testament entnommen (vgl. 1. Korinther 13, 13). Sie sind "göttlich", weil sie zum einen auf Gott bezogen sind. Sie heißen aber auch so, weil sie nur mit Gottes Gnade verwirklicht werden können. Glaube, Hoffnung und Liebe lassen sich nicht durch Willenskraft und Training herstellen. Ehe man diese Tugenden entwickeln kann, müssen sie erst einmal wie ein Geschenk empfangen werden. So entstehen aus dem "Viergespann" der Antike und dem paulinischen Dreiklang eine Siebenzahl von Haltungen, die das Leben eines Christen prägen sollen.

Aufnahmen

Alle sieben Predigten gibt es als Mitschnitte zum Nachhören.

Predigtthemen

07.08.2016 Klugheit
21.08.2016 Hoffnung
28.08.2016 Gerechtigkeit
11.09.2016 Mut
18.09.2016 Maß halten
02.10.2016 Glaube
09.10.2016 Liebe

Bildnachweis: © 2015 luzifairytales CC-BY-2.0